Dienstag, 21. April 2020

12-Stunden Schichten vorerst erlaubt....

Ich zitiere aus einem Newsletter des Bund Verlages vom 09.04.2020: 
"Systemrelevante Beschäftigte sollen krisenbedingt bis zu zwölf Stunden täglich arbeiten »dürfen«. Das regelt eine Rechtsverordnung vom 7.4.2020, welche Arbeitsminister Heil zusammen mit Gesundheitsminister Spahn erlassen hat.
Nicht verlängert, sondern verkürzt wird hingegen die Mindestruhezeit zwischen Arbeitsende und -beginn – und zwar von üblicherweise elf auf nun nur noch neun Stunden. Die sogenannte »Covid-19-Arbeitszeitverordnung« lockert damit die §§ 3 und 5 Abs. 1 des Arbeitszeitgesetz (ArbZG) für die Dauer der Corona-Krise und ist zunächst bis 31. Juli befristet.

Welche Beschäftigten sind betroffen?

Die Ausnahmen dienen der »Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, des Gesundheitswesens und der pflegerischen Versorgung, der Daseinsvorsorge oder die Versorgung der Bevölkerung mit existenziellen Gütern sicherstellen« und erfasst Tätigkeiten, die hierzu erforderlich sind – so die Verordnung. Dazu dürften insbesondere medizinische Berufe zählen – genauso natürlich Beschäftigte bei Polizei und Feuerwehr. Sie erfasst aber auch Beschäftigte, die in der Produktion und Distribution sog. »existenzieller Güter« tätig sind.

Was ist die rechtliche Grundlage der Verordnung?

Rechtsgrundlage hierfür ist § 14 Abs. 4 des ArbZG, der Ausnahmen vom Arbeitszeitgesetz in »außergewöhnlichen Notfällen mit bundesweiten Auswirkungen« zulässt. Die Regelung ist ebenfalls ein Produkt der Corona-Krise: Sie wurde am 27.3.2020 als Teil des Corona-Krisenpakets in das Arbeitszeitgesetz aufgenommen. Zwar war es auch vorher möglich, dass die Landesämter in betrieblichen Ausnahmefällen Arbeitszeiten von mehr als zehn Stunden genehmigen. Eine so flächendeckende Regelung ist aber ein Novum und betrifft nun natürlich genau die Beschäftigten, die ohnehin durch die Corona-Krise bereits außergewöhnlich stark belastet sind.

Die Gefahr: Unzureichender Gesundheitsschutz für die Betroffenen

So warnt der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke davor, mit der Gesundheit dieser Beschäftigten »Schindluder zu treiben« und fordert die Arbeitgeber gleichzeitig auf, sich der Verantwortung für ihre Beschäftigten zu stellen und die Notfallregeln nur zu nutzen, »wenn alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft sind«.

Kritisch äußert sich auch die Opposition: »In Zeiten der Corona-Pandemie ist der Gesundheitsschutz für die Menschen das Allerwichtigste. Wenn jetzt gerade diejenigen, die sowieso schon am Anschlag arbeiten, noch länger arbeiten sollen und keine angemessenen Ruhephasen mehr haben, dann ist das absolut kontraproduktiv«, so Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für ArbeitnehmerInnenrechte und aktive Arbeitsmarktpolitik der Grünen."
COVID-19-Arbeitszeitverordnung vom 07.04.2020:

Quelle: BundVerlag, 09.04.2020


Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes!

§ 129 Sonderregelungen aus Anlass der Covid-19-Pandemie 

(1) Die Teilnahme an Sitzungen des Betriebsrats, Gesamtbetriebsrats, Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung und der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung sowie die Beschlussfassung können mittels Video- und Telefonkonferenz erfolgen, wenn sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Eine Aufzeichnung ist unzulässig. § 34 Absatz 1 Satz 3 gilt mit der Maßgabe, dass die Teilnehmer ihre Anwesenheit gegenüber dem Vorsitzenden in Textform bestätigen. 

(2) Für die Einigungsstelle und den Wirtschaftsausschuss gilt Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend. 

(3) Versammlungen nach den §§ 42, 53 und 71 können mittels audiovisueller Einrichtungen durchgeführt werden, wenn sichergestellt ist, dass nur teilnahmeberechtigte Personen Kenntnis von dem Inhalt der Versammlung nehmen können. Eine Aufzeichnung ist unzulässig. 

(4) Die Sonderregelungen nach den Absätzen 1 bis 3 treten mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft.

Freitag, 10. April 2020

Betriebsratssitzungen per Audio- und Videokonferenz vorerst möglich

Die Bundesregierung sieht nun eine Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes vor, wonach Betriebsratssitzungen auch per Audio- und Videokonferenz durchgeführt werden können. Ziel dieser Regelung ist die Vermeidung von hohen Infektionsrisiken durch Präsenssitzungen. Sie gilt rückwirkend für Beschlüsse, die auf diesem Wege gefasst wurden, ab 01.03.2020 und soll bis zum 31.12.2020 gelten.

Quelle: https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/betriebliche-mitbestimmung-1739914

Freitag, 3. April 2020

Kurzarbeit - Vergütung des Betriebsrats

Für viele Betriebsräte steht das Thema Kurzarbeit gerade ganz oben auf der Tagesordnung. Vielerorts werden Betriebsvereinbarung zur Durchführung und Ausgestaltung der Kurzarbeit vereinbart. 

Aber wie verhält es sich mit der Betriebsratsarbeit und der Vergütung von Betriebsratsmitgliedern während der Kurzarbeit? 

1. Stichwort „Lohnausfallprinzip“

Die Betriebsratstätigkeit wird nicht vergütet, sie ist ein Ehrenamt. Das Betriebsratsmitglied wird nach § 37 Abs. 2 BetrVG finanziell so gestellt, als hätte es keine Betriebsratsarbeit gemacht. So der Grundsatz! 

Daraus ergibt sich für Betriebe, in denen im Rahmen der Kurzarbeit die Arbeitszeit auf Null gefahren wird, dass auch Betriebsratsmitglieder nur Kurzarbeitergeld bekommen. Dies betrifft grundsätzlich auch die nach § 38 BetrVG freigestellten Betriebsratsmitglieder.

Führt das Betriebsratsmitglied aber aus betriebsbedingten Gründen während der Kurzarbeit ausserhalb seiner durch Kurzarbeit entfallenen Arbeitszeit Betriebsratstätigkeit aus, hat es für die Dauer Anspruch auf seine normale Vergütung

Erstreckt sich die Kurzarbeit hingegen nicht auf alle Bereiche des Betriebes, hängt die Vergütung davon ab, aus welchem Bereich das Betriebsratsmitglied kommt. Wenn im Arbeitsbereich des Betriebsratsmitglieds Kurzarbeit durchgeführt wird, gibt es auch für ihn nur Kurzarbeitergeld. Ist der Arbeitsbereich des Betriebsratsmitglied hingegen nicht von Kurzarbeit betroffen, bleibt die Vergütung unverändert. 

Bei dieser Konstellation gilt für nach § 38 BetrVG Freigestellte das gleiche. Man müsste dann darauf abstellen, in welchem Bereich das Betriebsratsmitglied ohne Freistellung gearbeitet hätte oder wohin das Betriebsratsmitglied versetzt worden wäre, wenn die Freistellung enden würde. 

Es kommt insofern entscheidend darauf an, was das Betriebsratsmitglied verdient hätte. Die Beanspruchung durch die Betriebsratsarbeit spielt insofern keine Rolle. (BAG, Urteil vom 26. April 1995 – 7 AZR 874/94, BAG Urteil vom 31. Juli 1986 – 6 AZR 298/84)
 
Es ist insofern dringend zu empfehlen, im Rahmen der Betriebsvereinbarung hierzu entsprechende Regelungen zu treffen, z.B. den Betriebsrat aus der Kurzarbeit rausnehmen.  Angesichts der Tatsache, dass der Betriebsrat auch oder gerade in dieser von Kurzarbeit geprägten Krisenzeit seine gesetzlichen Aufgaben erfüllt, stellt dies keine unzulässige Begünstigung dar.


2. Betriebsratsarbeit über die betriebsübliche Arbeitszeit hinaus

Nach § 37 Abs. 3 BetrVG hat der Betriebsrat grundsätzlich einen Anspruch auf Freizeitausgleich, wenn die Betriebsratstätigkeit aus betriebsbedingten Gründen ausserhalb der betrieblichen Arbeitszeit durchzuführen ist. Wenn dieser Freizeitausgleich nicht innerhalb eines Monats gewährt werden kann, besteht ein Vergütungsanspruch für die aufgewendete Zeit wie bei Überstunden. 

Wenn während der Kurzarbeits-Zeit eine solche Situation eintritt, ist diese nicht anders zu beurteilen als ohne Kurzarbeit. 

Dieses Entgelt steht dem Betriebsratsmitglied auch während der Kurzarbeit zu und ist unabhängig vom Lohnausfallprinzip zu sehen. 


 3. Aufstockung des Kurzarbeitergeldes

Eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes ist in vielen Tarifverträgen geregelt. Gibt es diesen tariflichen Anspruch nicht,  hat der Betriebsrat die Möglichkeit, eine entsprechende Aufstockung im Rahmen der Betriebsvereinbarung mit dem Arbeitgeber  zu regeln. 

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG bezieht sich auf die Einführung der Kurzarbeit. Konkret bedeutet das, ob, für welchen vorübergehenden Zeitraum, in welchen Bereichen, für welche Arbeitnehmer, in welchem zeitlichen Umfang Kurzarbeit eingeführt und wie die geänderte Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentag verteilt werden soll. Ob es einen erzwingbaren Anspruch des Betriebsrat auf Aufstockung des Kurzarbeitergeldes gibt ist umstritten und müsste im Zweifel in der Einigungsstelle geklärt werden. 

Der Zeitdruck kann für den Betriebsrat an dieser Stelle hilfreich sein, da der Arbeitgeber jetzt zumeist auf den kurzfristigen Abschluss einer einvernehmlichen Regelung angewiesen ist. 



Betriebsrätestärkungsgesetz

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat am 21.12.2020 den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Betriebsratswahlen und zur Stär...